Lyrikhotel Drei
Jörg Schieke (Leipzig) & Juliane Liebert (Berlin)
Unser herrlich verrücktes Leben selbst ist das Basismaterial der Lyrik von Jörg Schieke. Schon in seinem Debüt „Die Rosen zitieren die Adern“ (Druckhaus Galrev, 1995) kündigt sich ein melancholisch-humorvoller Ton an, der in der oft bierernsten deutschen Gegenwartsdichtung auffällt. Auch im vorerst jüngsten Werk, dem Langgedicht „Antiphonia“ (Poetenladen, 2018) bewegt man sich durch Bildwelten, in denen sich Alltagssprache mit dem Vokabular aus Popkultur und schöner neuer Digitalwelt zu einem neuen Patchwork mixt. Schieke hat mit der Musikjournalistin, Autorin und Fotografin Juliane Liebert („lieder an das große nichts“, Suhrkamp 2021) vermutlich eine Geistesverwandte eingeladen. „Liebert hat einen eigenen Sound und Blick: popgeschult, humorvoll, spröde, pointiert, stets den menschlichen Unzulänglichkeiten zugewandt.“ (Christian Metz) Die Person ernstnehmen, die Welt verlachen, so hat sie das selbst einmal genannt. Wenn zwischen Grafikschränken und Apothekervitrinen in der Alten Post Marianne Faithfull, Battlerapper und Christa Päffgen aka Nico erscheinen, ist es Zeit, den Tonarm eines Plattenspielers auf die mit 33 Umdrehungen pro Minute rotierende Vinylscheibe abzusenken.